Die Erinnerung überfiel mich morgens um fünf.
Torstens Eltern hatten einen Atombunker, und deswegen war er für mein 14-jähriges Ich ein Experte.
1982 war ein langer Winter, der auch unsere Klassenreise beeinflusste. Wir waren geradezu sträflich unvorbereitet vom Hamburger Vorfrühling in die Harzer Berge versetzt worden. Vier Stunden im Bus albern. Beim Herumstapfen auf sonst urigen Waldwegen versank mein Freund Axel bis zum Bauch im Schnee.
Die Nässe war zu kalt, unfair klamm geradezu. Die Wände des Schullandheims gaben ihr Bestes. Trotzdem wurde es nicht warm.
Zum Graubrot mit Käse und Teewurst gab es Hibiskustee aus einer grossen Stahlkanne. Wärmer wurde uns davon nicht.
Abends kuschelten wir uns unter die Decken. Ich war einer der stärkeren Jungs, ich lag oben. Axel, der sehr blonde Haare hatte, fragte: kann denn dein Bunker auch einer Neutronenbombe wiederstehen?
Ich hatte ja keine Ahnung, in welcher Gefahr ich mich befand, als Torsten im Detail erklärte, was Neutronen, von der Bombe beschleunigt, mit dir anstellen.
Wir alle haben die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich erinnere mich noch, dass nie Vorstellbare sich umarmten. Ich hatte so eine Angst, dass ich beim Blick aus dem Fenster der Jugendherberge den Himmel über den Kiefern absuchte, nach Anzeichen von russischen SS-20 .