Ich schaue mir enttäuscht die Fotos auf meinem iPad an, die trotz Filter nicht in der Lage sind, die nette Abendstimmung auch nur annähernd einzufangen. Alles düster und mittendrin prangt ein kleiner heller Punkt. So kann ich das niemals in meine Timelines posten. Die Leute denken ja, ich hätte mein Auge für Motive verloren.
Das liked niemand, denke ich schmollend, dabei ist der Abend so schön. Es ist warm und ich fühle mich geborgen in diesem Sommertag. Das möchte ich teilen.
Abrupt klingelt das Telefon. Der Anruf kommt von einem Festnetzanschluss. Wer das wohl ist?
‚Hej, was geht?, Lord Liberty hier‘ – Lord Liberty heißt eigentlich Leonard und ist 45. Sein Vater hat ihn nach Doktor Leonard McCoy vom Raumschiff Enterprise benannt. Ihm hat der Name nie gefallen, er hasst Trekkies. Vielleicht eine späte Form der Rebellion. Seitdem er für sich und seine Familie einen Wohnwagen gekauft hat, auf dem seitlich ein wenig verwittert „Lord Liberty“ steht, heißt er so, sagt er.
‚Hey Liberty‘, flöte ich zurück, erfreut, dass ich jemanden habe, dem ich mein Glück anvertrauen kann, ‚hab gestern meinen ersten Seehund in der Elbe gesehen‘.
‚Oha. Echt?, ich dachte die gibt’s nur bei Cuxhaven‘ — ‚was machst Du denn gerade?‘, fragt der Lord zurück.
‚Ich schreibe meinen Wahlkreis-Kandidaten, was ich von ihnen halte. Als offenen Brief‘, sage ich. Das stimmt sogar.