Anna gehörte zu der Art Menschen, die immer um etwas herum gehen müssen, bevor sie umdrehen. Beim Spazierengehen war das oft ein Baum oder ein Wartehäuschen. Beim Segeln eine Tonne oder der Kieler Leuchtturm. Es gefiel ihr, wenn zumindest symbolisch der eine Weg ein Ende fand – sie ein Ziel ereichte, bevor der Rückweg begann.
Einfach nur umzudrehen war ihr zuwider.
Am Sonntag hatte sie ihren alten Plattenspieler von der Dachkammer geholt und angeschlossen. Ein paar Platten heraus gekramt, die ihr vertraut und doch schon fremd vorkamen. „Al Jarreau; kennt den eigentlich noch jemand?“, dachte sie. „Oder war er für alle Zeiten zu einem Witz geronnen? Zum Lachen missbraucht von Helge Schneider?“.
Als ausgerechnet der letzte Schluck des französischen Rotweins über die Rillen schwappte, fing sie an zu weinen. Sie drehte die Scheibe um, ohne sie sauber zu wischen. Legte den Tonarm auf die klebrigen Rillen und ging ins Bett.
Morgen wäre sie eine andere, hatte sie vorher gehofft. Dabei war sie lediglich betrunken und über das erträgliche Maß hinaus melancholisch. „Paulo Coelho macht es sich zu einfach“, dachte sie noch, bevor ihr schweres Herz sie in einen unruhigen Schlaf zog. Und wünschte dem gemeinen alten Mann eine gute Nacht.