Eriks Logbuch

From Altona with Love

Dorschnetze zu verschenken

Es sind die letzten warmen Tage an der Ostsee. Die meisten Touristen sind zurück im Rheinland, die Segler aus Hamburg und Bremen bringen ihre Yachten durch den Kanal auf die Elbe oder weiter in die Weser (der Schlenker über die Nordsee kann dabei schon recht herbstlich fies werden). Dabei nutzen sie den kleinen Hafen an der Kieler Außenförde als letzte pittoreske Station vor der langweiligen zehnstündigen Motorfahrt durch den Nord-Ostsee-Kanal (der auf Englisch irgendwie besser klingt. Dort heißt er Kiel Canal und außerdem ist er eine der meistbefahrenen Schifffahrtsstraßen der Welt, was der ganzen Gegend einen höheren Stellenwert verleihen müsste — hej, Jules Verne schrieb schon über ihn — da wir aus Tradition aber bayrische Verkehrsminister haben, die lieber Autobahnen in ihren Wahlkreisen bauen statt neue Schleusen in Brunsbüttel, fristet das Weltwunder ein provinzielles Dasein — wie Kiel im Allgemeinen, aber das ist einen eigenen Eintrag wert)

Ich schlurfe noch etwas müde zum Hafenmeisterhäuschen, als Bernd mir zuwinkt. Bernd ist einer von den verbliebenen Fischern, die lustigerweise fast alle Bernd heißen (oder auf Bernd hören).

Moin Pauli, (darauf höre ich in dem Hafen), ruft er rüber und setzt seine Unterhaltung mit einem der letzten Schalkefans fort, der ihm ins Netz ging.

Als ich meine Morgentoillette beendet habe, ist der Tourist weg. Bernd lehnt an seinem Steg zwischen Fahnen, Netzen und Eimern. Scholle, Butt und Klische stehen auf einem Schild vor seinem Kutter. Das Wort „Dorsch“ ist durchgestrichen und das ist schon lange so.

Die Müllabfuhr holt gerade den Hafenmüll ab. Und wie immer, wenn die Müllleute kommen wird es fröhlich und laut. Moin Bernd. Moin. Moin.

Ich mach hier auch Klarschiff, sagt Bernd, als wir wieder allein sind. Verschenke die Dorschnetze. Bis wir wieder Dorsch fangen dürfen, bin ich 90 und dann hab ich keine Lust mehr, rauszufahren.

Was passiert mit denen?, frage ich.

Die kriegen Künstler aus Hamburg. Und an Sea Shepherd melden wir, dass wir dutzendweise Geisternetze entsorgt haben. Er lacht und hustet gleichzeitig.

Na ja, ich geh jetzt erstmal n Bier trinken. Es ist Zeit fürs 2. Fischerfrühstück.

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