Es ist Sommer, zumindest bei den Meteorologen. Im Sommer wechselt meine Leidenschaft. Vom FC St. Pauli Fußball zum Segeln. Ich verbringe dann jede freie Minute (und immer öfter auch berufliche Zeit) an Bord oder auf der Ostsee, die sie da oben liebevoll „unsere nasse Wiese“ nennen.
Dem Deutschlandticket sei Dank, schaue ich nicht mehr nach Tarifen – steige einfach an der Endstation des Kieler Busnetzes ein, verabschiede mich höflich von dem frechen Möwennachwuchs, und tingel mit der Deutschen Bahn übers Land. Wenn alles klappt, schmeißt mich der Zug dann nach gut zwei Stunden in Hamburg aus dem Abteil.
Genug Zeit, um Podcasts zu hören. Oder Hörbücher. Gerade fiel mir das Logbuch von Sven Regener in den Stream, dem ich vor genau zwanzig Jahren in Berlin das Bloggen beibrachte und der mich zum Dank zum Running Gag seiner ersten Staffel machte. Neben Thomas M. Stein (was macht der eigentlich?).
Wer ist tot?, ruft B. aus der Küche.
Mirek.
Wer ist Mirek?
Der Hot-Dog Mann vom Kiez.
Ach. Der dunkle oder der Rennfahrer.
Beide. Nu sind beide tot.
Ich bin mit dem Danmark Hot-Dog und dem wortkargen Mann hinter der Brutzelrolle aufgewachsen. Früher Pflichtprogramm bei der Ziese vorm Top10, verschlägt es mich nu seltener direkt auf die Reeperbahn. (Da ist es selbst für gestandene St. Paulianer nur noch schwer auszuhalten vor Jungesellinnenabschieden und Vodkabomberpiloten)
Vor ein paar Monaten war ich mal wieder da und wir kamen ins Gespräch, auch darüber wie anders die Ecke da geworden ist. Er wirkte da gar nicht mehr so still und stoisch wie früher, sondern genervt, alle, aus der Zeit gefallen.
Was nu aus dem Hot-Dog Imbiss wird? Physisch wahrscheinlich ein weiterer Kiosk und kulturell ein weiteres Musical. So bleiben uns die heißen Ecken auf St. Pauli in Erinnerung, sagt der Kölner, als er mich anruft. Wie jeden Tag. Nur nie zu einer festen Uhrzeit.
Heute erwischt er mich beim Zähneputzen. Sein Timing ist so präzise, immer so unpassend, dass ich meine Wohnung schon nach verborgenen Kameras durchsucht habe.
Schhallo?, nuschel ich.
Ej, Du bist ja berühmt, sagt der Kölner.
Naja.
Nee im Ernst. Sven Regener, das ist echte Literatur. Nicht so ein Kram, wie der hier.
Pass mal auf, sagt er, wenn du so weitermachst machen die noch n Musical aus dir. Der Kölner lacht und hustet gleich darauf. Er hat starke Allergien, und der meteorologische Sommeranfang ist seine Deadline, im wahrsten Sinne. Schlimm. 😉
(Das Logbuch vom Vahraonen mit seiner Kunstfigur Hamburg-Heiner gibts bei Spotify)
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