Die Sonne geht früh unter, es ist Ende November und auch Palma de Mallorca kann sich den Gesetzen des Universums nicht entziehen – obwohl, wenn es einen Ort gäbe, der das vermöge, es wäre wohl Mallorca.
Ich bin gerade angekommen und werde bis zum Frühjahr bleiben. Das habe ich mir zumindest vorgenommen.
Es ist kurz nach 18:00 Uhr, stockfinster, als mir klar wird, dass auch mediterrane Winterabende lang sein können. Pulloverwetter, 14 Grad hat es noch und viel kälter wird es auch nicht werden. Dafür ist das Meer noch zu warm. Es hat angenehme 18 Grad, wie in einem stinknormalen baltischen Sommer.
Überhaupt fühlt sich alles hier nordisch sommerlich an. Ich stopfe mir meine Kapuze in den Nacken, um den leichten Nieselregen und den aufkommenden Südwind nicht an meinen Nacken zu lassen und mache mir eine Flasche ‚Macia Batle‚ auf.
Vorhin, als es noch hell war, hatte ich einklariert: Milch, Wasser, Käse. Eine Sobrasada, mallorquinische Blutwurst, zwei Palletten Dosenbier (Mahou), Toillettenpapier, Marmelade, Butter und Wein; weißen und roten; von jeder bedeutenden Winzerfamilie Mallorcas je einen. Oft aus Binissalem, einem Dorf im Schatten des Airport, das drei der größten Bodegas beheimatet.
Was hier lebt und wächst
Mallorcas Wein ist wegen seines säurearmen Bodens etwas gehandicapted, sagen Weinkenner. Mir ist das egal, mir kommt es auf etwas anderes an; ich möchte das schmecken, was hier wuchs, lebte und dann sich verwandelte, in Wein, Käse oder Wurst.
Der Yachthafen, der für die nächsten fünf Monate mein Heimatort sein wird, liegt am Rande des berüchtigten Touristenortes ‚El Arenal‘, genauer in Can Pastilla, am westlichen Ende eines langen Strandes, den man im Sommer vor eingeölter Körper kaum sehen kann, und der im November stoisch verlassen daliegt, als hätte es die vielen Sangriaparties nie gegeben. Einsam wachen verlassene Rettungsschwimmer-Posten über die bunten Segel am Strand: die Kite-Saison hat begonnen. Die Winde blasen ihre Backen und schicken Regen und brechende Wellen an den Strand.
Leben an Moorings
Morgen fange ich an. Der heutige Abend ist ganz dem Ankommen gewidmet. Meine Petroleumlampe faucht leise, als eine Böe nach der Flamme greift, sonst ist der Club Maritimo San Antonio de la Playa stumm und leer. Außer mir übernachten hier nur Yachten ohne Crew. Allein gelassen zerren sie an ihren Moorings.
Als der Wein vom Abendwind zu kühl wird, um seinen Geschmack entfalten zu können, gehe ich in die Koje. Morgen ist Sonntag, es soll bis zu 20 Grad warm werden. 🙂