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Alternative Literatur

Und niemand blüht für Dich!

Es war 11:15 Uhr an einem Sonnabend-Morgen-Vormittag, an denen man das Frühstück so lange wie möglich hinaus dehnt, weil die Woche in einem steckt, und der Nachhall der Belohnung von gestern. Muskeln, noch betäubt von der Flasche mallorquinschen Rotweins, dämmern noch, in Erwartung der Pflichten, die ein Sonnabend morgens so mit sich bringt, die noch vor einem liegen – und das ist der Unterschied zu einem Sonntagmorgen.

Ein Schwangerenpaar wandert langsam am Küchenfenster vorbei, hinauf zum Geburtsvorbereitungskurs. Beide Hälften, die Mutter und der werdende Vater, sehen geradeaus und bewegen sich synchron und langsam. Ihre estnischen Bommel auf ihren estnischen Wintermützen wackeln sogar ähnlich vor und zurück im Nachklang ihrer Bewegung.

Mein Blick fällt auf die Blumen auf dem Tisch. Ich habe die beiden schon vergessen. Lebt wohl. Abgeschnitten stehen sie in ihrer Vase. Wunderschön. Sie wären auch wunderschön, wenn sie nicht abgeschnitten vor Deinen Augen stehen würden. Das Lila und das Grün, das in den verschachtelten Blüten in einander übergeht. Ungeplant, von keinem Architekten entworfen, sondern einfach so. Mit einem Zweck, aber ohne Sinn.

Den gebe ich Dir heute morgen. Ob Du es willst oder nicht. Denn Du stehst vor mir, und Du bist schön. Du gefällst mir. Und keinen Gedanken verschwende ich daran, ob.

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Alternative Literatur

Rote Momente

Das Rot,
es sieht von jeder Seite anders aus.

Mal machtvoll, mal zaghaft bahnt es sich durch den dicken Stoff. Aber ich kann es sehen, und fühlen.
Es ist warm.

Mein Gesicht glänzt, wie die Wand, beschienen von rotem Schein.
Wirst Du es sein, die sich erinnert?

Doch auf ein Mal,
es ist nur ein Moment der Ablenkung und der Zauber ist gegangen.

Tom Buhrow liest es vor: Übernahme der Regierung durch das emotionale Establishment. Laut klopfen dann die mahnenden Finger auf der Seele.

Das Rot ist verschwunden, hat sich eingewunden, versteckt das Gesicht. Du lächelst nicht mehr. Wieviel Zeit ist vergangen seit wir noch glühten? Keine Minuten, kaum wahrzunehmen.

Ich trete einen Schritt zurück, verschaffe mir einen Überblick. Und entferne mich widerspenstig in den Morgen.

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Haikus, Gedichte und andere kurze Gedanken

Denken ist nicht besser

Es ist ja nicht so, dass Denken an sich etwas besser machte.

Ich liege jedenfalls abends nicht im Bett und denke, „toll viel gedacht heute“.

Vielmehr entsteht Glück oft aus dem Fühlen, bisweilen sogar nichtdenken. Nichts gegen das nachdenken, aber glücklich macht es nicht.

Und doch, denke ich an Dich, dann fühlt sich das gut an.

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Haikus, Gedichte und andere kurze Gedanken

Pochen

Das Leben pocht energisch an meinen Schläfen.
Mein Herz springt fast aus seinem Korb.

Ich schmiege mich in Gedanken an Deinen warmen Schoß.

Im Leben darf man nur selten einfach zurücksetzen. Und eine andere Abfahrt nehmen.

Solange Du bei mir bist, nehme ich den Fuß vom Gas und stelle mir vor, wie es ist, 100 Jahre alt zu sein und dem neuen Tag doch entgegen zu lachen.

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Haikus, Gedichte und andere kurze Gedanken

Zahnzwitschentraum

Sylvie.
Bettina.

Das Dekolletee dem Fotografen zugewandt,
Filmkuss.

Du bist Liebling.
Blond. Wir begehren Dich, haben Dich so tief eingesogen, dass für Dein echtes Sein kaum Platz bleibt. Spaltensex mit Kassenbrille.

Zwischen uns passte kein Zahnzwitschentraum.
Und alles was bleibt,OMG, ist eine Pose.

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Haikus, Gedichte und andere kurze Gedanken

Widerspruch?

Durch die Liebe aus dem Gleichgewicht geraten,
das hält das Leben im Gleichgewicht.

http://twitter.com/ring2/status/284086262657339392

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Haikus, Gedichte und andere kurze Gedanken

Wir denken mich

„Glaubst Du wirklich, das Wirken der Welten ließe sich durch 13 teilen?“, Paul Coehl

Wir erfinden mich gemeinsam,
Entfernen die Barbarei;
Ändern jeden Tag die Welt,
Und Dich nebenbei.

Ich putze meine Zähne,
Schau‘ mir ins Gesicht.
Lächle mich an, und suche,
Aber Ewigkeit sehe ich nicht.

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Alternative Literatur

Schnee

Für Anja

Schnee

Der Westen Wind treibt klamme feuchte Flocken über die Elbe hoch. Unter dem Schein der Straßenlaternen fallen sie über die Erde her.

Wunderschön und unberührt liegt er da, bevor ich meinen Schuh in ihn hineindrücke und der Matsch darunter in Abdrücken nach oben suppt.

Ob er diesen Winter überleben wird, der Bambus hinten auf dem Hof? Der scharfe kalte Wind hat seine Blätter freigeweht. Unangemessen grün zittern sie nun. Jeden Moment zerbricht etwas in ihnen, wechselt den Aggregatzustand. Von lebendig zu kristallin. Und die Sonne wärmt nicht mehr.

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Haikus, Gedichte und andere kurze Gedanken

Wassertreten


Merkwürdig”, dachte er. “Das ist mir nie aufgefallen, wie unsinnig das ist, einhand durch die flüssige Wüste zu segeln, mit Rettungsringen und Life Sling am Heckkorb.”


Noch war er ganz ruhig. Aber fühlen konnte er ihr Herannahen. Noch konnte er sich vorstellen, dass er hinter ihr her kam. Der letzte Spurt, für den er wie eine ausgehungerte Gepardenmutter alle Reserven würde mobilisieren müssen.

Der orange-rote Rettungsring am Heck wogte leicht hin und her, als Wilfried seine aufkommende Panik herunterschluckte und ihm hinterher ruderte. Vier Züge, dann atmen.

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Alternative Literatur

Lassen Sie sich was zum Schreiben bringen …

„Lassen Sie sich etwas zum Schreiben bringen, nachdem Sie es sich irgendwo bequem gemacht haben, wo Sie Ihren Geist soweit wie möglich auf sich selbst konzentrieren können. Versetzen Sie sich in den passivsten oder den rezeptivsten Zustand, dessen Sie fähig sind. Sehen Sie ganz ab von Ihrer Genialität, von Ihren Talenten und denen aller anderen. Machen Sie sich klar, daß die Schriftstellerei einer der kläglichsten Wege ist, die zu allem und jedem führen. Schreiben Sie schnell, ohne vorgefaßtes Thema, schnell genug, um nichts zu behalten, oder um nicht versucht zu sein, zu überlegen. Der erste Satz wird ganz von allein kommen, denn es stimmt wirklich, daß in jedem Augenblick in unserem Bewußtsein ein unbekannter Satz existiert, der nur darauf wartet, ausgesprochen zu werden. (…) Fahren Sie so lange fort, wie Sie Lust haben. Verlassen Sie sich auf die Unerschöpflichkeit des Raunens. Wenn ein Verstummen sich einzustellen droht, weil Sie auch nur den kleinsten Fehler gemacht haben: einen Fehler, könnte man sagen, der darin besteht, daß Sie es an Unaufmerksamkeit haben fehlen lassen – brechen Sie ohne Zögern bei einer zu einleuchtenden Zeile ab. Setzen Sie hinter das Wort, das Ihnen suspekt erscheint, irgendeinen Buchstaben, den Buchstaben l zum Beispiel, immer den Buchstaben l, und stellen Sie die Willkür dadurch wieder her, daß Sie diesen Buchstaben zum Anfangsbuchstaben des folgenden Wortes bestimmen.“

Im Ersten Surrealistischen Manifest (1924) gab Breton Anweisungen zur Nachahmung der Écriture automatique, findet sich in wikipedia zu dieser freien Art des Schreibens.

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Haikus, Gedichte und andere kurze Gedanken

Los. Lass los!

Loslassen erscheint mir schwer,
Doch ist es einfacher als Festhalten?

Und nur dann kommt das Neue,
Wenn meine Hände frei sind.