Ich weiß noch genau, wann es anfing. Beim Zähneputzen am Sonntagmorgen. So gegen neun. Nein, genauer kurz nach 9:15 Uhr stürzte mein Gehör, so nennt man das. Eigentlich stürzt aber gar nix, es legt sich nur ein Rauschen auf die Welt, das man von hartnäckiger Feuchtigkeit im Sommer kennt. Das knackt dann ein paar Stunden und ist so plötzlich wieder weg, wie es gekommen ist. Dieses Rauschen nicht. Das blieb.
Am Dienstag darauf wurde ich durchgemessen, das Trommelfell, der Hörknochen. Ein wenig hilflos schob mir die HNO-Ärtztin ein Kortisonrezept über den Tresen. Das ist das Einzige, was hilft, vielleicht. Ruhen Sie sich aus, das wird von allein besser — meistens.
Nun ist Verlust ja so eine Sache. So selbstverständlich, wie es im Sommer warm ist, wird es im September kühler. Man weiß das, und ist doch überrascht. Jedes Mal. Wenn einem allerdings etwas genommen — oder in diesem Fall etwas auferlegt wird, was immer so war wie es war, oder jetzt eben anders ist, als es immer war, das kann einen schon beschäftigen.
Ok. Nu also alles mit Rauschen. (Und im Ohr puhlen und mit dem Kiefer knacken tut man trotzdem, wie nach einem Strandtag mit Wasser im Ohr — so weit weg sind wir von Instinktwesen nicht, wie wir uns einreden)
Ist dir schonmal aufgefallen, wie oft du sprichst? Telefonierst, dich unterhälst? Meist über Belangloses. Es fällt dir nicht schwerer als ein Ei aufzuklopfen (was derzeit das Pendant zu einem fiesen Terroranschlag wäre).
Immerhin, du hast noch deine beiden Augen, so hatte R. mein Hausarzt damals versucht, mich aufzumuntern nach einem schweren Bandscheibenvorfall. Wo war der beissende aber anteilnehmende Sarkasmus meines Arztes geblieben? In der Vergangenheit, in der alles immer so war, wie es eben war.
Stattdessen freundliches Schulterzucken. Kommen Sie nächste Woche wieder. Aber pünktlich bitte.
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