Als er nach einer Woche Urlaub wieder nach Hause kam, war alles so, wie er es verlassen hatte. Die Kaffetasse stand noch da, wo er sie hatte auf dem Tisch stehen lassen; nur war der letzte Tropfen inzwischen zur Kruste getrocknet. Die Tulpen hatten noch eine Weile weiter gelebt, bevor sie sich ihrem Schicksal ergaben. […]
Autor: 500
500 Zeichen am Morgen ist ein Autofiktionales-Prosa-Format, das ich seit 2023 mehrtäglich hier im Blog und im Fediverse sowie per Newsletter verschicke.
Abonniere deine #500Zeichen kostenlos via Steady: https://steadyhq.com/de/blogfrei/
Eine große orange Sonne geht heute über dem Kap unter. Die Lebensspenderin schickt letzte Strahlen in mein Gesicht. Sonnenwinde verbinden sich mit den Südwinden, die auf Sylt heute Nacht Orkanstärke erreichen. Zusammen genommen, spüre ich die zusätzliche Energie beinahe und denke einen komischen Gedanken: nicht weit südlich sehen sie dieselbe Sonne und steigen kurz nach […]
Pao Pao
Was ich ganz cool finde, in dieser Strandbar an der Platja de Palma auf Mallorca werden keine Promis verewigt, wie bspw im Danmark Hotdog auf der Reeperbahn — Otto malt Otti-Fanten. Hier sinds stinknormale Touris aus inzwischen mehreren Jahrzehnten. Kurze Momente der Sangria-seeligen Auszeit vom Kohl-Deutschland der 90er bis zu modernen Undercuts mit S04-Bierbauch. Echte […]
Die werden mit Kopf gegessen
In meiner Lieblingstaverne auf St. Pauli (der Taverna Plaka, frdl. Empfehlung) streitet man gerne. Über Politik, Essen und das Leben an sich — in der jahrtausendealten Gewissheit, dass das ein und dasselbe ist. Als der Hamburger Sommer seine letzten großen Tage hatte stritten sich zwei Ober darüber, bei welchen Sardellen man den Kopf mitessen sollte. Die […]
Frühling auf Mallorca
Es ist Frühling an der Platja de Palma. Mit 2 Windstärken huscht eine laue Brise über den mit braunen Filzknödeln übersäten Strand. Einheimische erkennt man daran, dass sie Wollmütze und Daunenmantel tragen. Touristen, dass ihnen 15 Grad und Sonne warm genug sind für Shorts und Flip-Flops. Ich sitze bei einem Caffè Cortado in einer der […]
Erst wenn die Sonne hinter der langen Landzunge untergeht, wird es sichtbar: das alte Leuchtfeuer von Formentor. Sie ist noch keine Minute fort, da erhascht das geübte Auge seinen warnenden Blitz. Jeder Leuchtturm hat seine eigene Frequenz, manche fast einen Beat. Das Feuer von Formentor hat keinen grünen oder roten Korridor, keine Kadenz. Es zeigt sich […]
Selbstglaubwürdigkeit
Mein Kumpel O. ist nicht nur n „feiner Kerdl“, wie mein Opa das ausgedrückt hätte, er trägt auch noch eine große Verantwortung. Für einen mittelmäßigen Konzern, der sich im Haifischbecken von Finanzinteressen, Medien und renitenten Eigentümern behaupten muss. Er gibt dann und wann Interviews in denen er dann Sätze erfindet, die so nur er sagen […]
Patrone des Frühlings
Geduldig wartet die Patrone des Frühlings auf ihren Einsatz. Seit Monaten schon auf den Ästen munitioniert, ragt sie in den Winterhimmel über den die grauen Boten des Vorfühlings rasen. „Ist es nicht schon soweit?“, scheinen sie zu fragen. Wenn man genau hinschaut, zittern und wackeln manche von ihnen vor Vorfreude. „Der Februar muss weg“, sagt […]
A long way
In einer Lieblingsserie —“Life on Mars“ (BBC) — wird der Protagonist Sam ins England der 70er Jahre katapultiert. Dort struggelt er vor allem mit der rüden und gewaltvollen Art des Polizeichiefs. In einer Szene platzt Sam der Kragen: er brüllt seinen Ärger über das Gesaufe, den Sex- und Rassismus, die Missachtung aller Regeln dem Chief […]
Ich hab Hauntologie
Achim Reichel wird Tik-Tok Star in Korea. Tracy Chapman steigt mit ihrem 36 Jahre alten Album auf der Nummer 1 in die Itunes Charts ein. Aufguss, Renaissance?, was ist das? Popkultur wiederholt sich selbst, ohne wirklich Neues in den Pool zu kippen. Der wird langsam moosig. Dieses Gefühl gibts auch in wissenschaftlich: „Hauntologie“ heißt die […]
Stevies Festplatte
Tracy Chapman wirkte auf der Grammy-Gala zwischen den ganzen jungen Künstlerinnen wie eine Weise aus einer anderen Welt – Überbleibsel aus einer Zeit, in der große Konzerte die Popwelt bevölkerten. Wir hörten als ganze Familie das „Mandela“ Konzert aus Wembley im NDR (über die Stereoanlage) und schauten TV nebenbei. Chapman war uns völlig unbekannt als […]
Ölmann und die Poesie
„Ölmann ist ehemals – das erfuhr ich – ein ganz konservativer Kunstmann gewesen. Nach Goethe hatten noch ein paar halbwegs begabte Reimschmiede gelebt, und seit 1870 ungefähr war es mit der Dichtkunst aus, ganz aus, überhaupt aus. Es würden auch keine Dichter wiederkommen. Einen Goethe oder Shakespeare hatte die Natur nun schon gar nicht mehr […]