Abfall bitte zurückbleiben

Hamburg, zehn Grad (alle Zahlen unter 13 schreibt man aus, so kalt), Nieselregen

Ich bin Teil der Generation, die ein mittelklassiger Autor mit Titel-Talent einmal Generation Golf getauft hat. Für mich gehört Individualverkehr mit Kraftfahrzeug zum Leben dazu. Vor unserer Schule verursachten damals keine Helikoptereltern den morgendlichen Stau, das waren wir Schüler selbst (während unsere Gemeinschaftskundelehrer im Liegerad versuchten, um uns herum zu kurven).

Ich bin trotzdem überzeugter Bahnfahrer geworden, der Deutschen Bahn zum Trotz.

Der Bahnsteig als Sprungbrett in ein getaktetes Abenteuer, der Zug manchmal aus Budapest, manchmal aus Prag kommend (auf dem Weg zurück), die (mit Ermessensspielraum ausgestatteten) Schaffner in Maroon-farbenden Hosen in die Billetzangen Beulen schlagen und die Vielfalt an Begegnungen (gestresste Vielfahrer, Omas auf dem Weg zu ihren Enkeln oder der Fußballfanstammtisch auf der Strecke Köln-Hamburg), all das macht eine Bahnreise für mich aus.

Im Gegensatz zum Pferchen und Drängeln in Bodyscannerschlangen, vor Gates mit Businesskasperfastlanes, vor der Flugzeugtür im winterkalten Finger, unter den vollgestopften Overhead Compartments (und dann am Zielort dasselbe nochmals nur andersrum), ist das Fortbewegen im rhythmisch rumpelnden Zug echtes Reisen.

Selbst kleine Fahrten, atmen den Geist des vernetzten Kontinents, können Beginn oder Finale derselben Erfahrung sein, wie eine S-Bahnfahrt von Altona ins einst dänische Blankenese.

Ich weiß auch nicht so genau, wieso mich diese Meldung heute Morgen so traurig macht, dass die S-Bahn Hamburg die kleinen Müllbehälter an den Vierersitzen abschraubt. Alle.

Vielleicht weil dies die kleinen Dinge sind, die eine Reise von einem Transport unterscheiden.

(Ich hab plötzlich den Wunsch mal ne Fahrt in der historischen S-Bahn zu unternehmen, schräg)

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Fediverse-Reaktionen



Comments

4 Antworten zu „Abfall bitte zurückbleiben“

  1. Avatar von Krisú

    Wunderbar beobachtet und geschrieben, Erik. Gerade die kleinen Dinge, wie die Mini-Mülleimer an den Vierersitzen, machen aus einem funktionalen Transportmittel einen Ort mit Charakter – ein Stück gelebte Alltagskultur auf Schienen. Dass sie nun verschwinden, fühlt sich an wie ein weiteres stilles Abschiednehmen vom Reisekomfort mit Seele. Reisen im Zug ist nicht nur Fortbewegung, es ist ein Raum für Geschichten, Begegnungen und manchmal auch Nachdenklichkeit. Danke fürs Teilen – die historische S-Bahn klingt nach einer großartigen Idee, bevor noch mehr dieser kleinen Details verschwinden.

  2. Avatar von Erik

    Hallo Namensvetter 🙂

    Ich war erst einmal in Hamburg, deswegen weiß ich nicht genau, wie die Müllbehälter in der Hamburger S-Bahn aussehen.

    Ich weiß nur, dass es um die Müllbehälter, die ich aus der S-Bahn kenne, nicht schade wäre. Die sind entweder so überfüllt, dass nichts mehr reinpasst oder es parkt jemand seine Cola-Dose auf dem Deckel des Müllbehälters. Wegen mir können die gerne verschwinden 🙂

    PS: Ich habe deinen Blog über Mastodon gefunden und folge dir dort jetzt auch 🙂

    1. Avatar von Erik H.

      Cool. Dann folge ich zurück…

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