Kategorie: 500 Zeichen
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Walkapriolen
Die Kapriole ist ein scheues Ding und wird von uns deswegen so geschätzt, weil sie selten ist und nach gelungenem Auftritt auch wieder ging. Die gemeine Wetterkapriole ist in unseren Breiten am Häufigsten. Dass gleich zwei Buckelwale nun Flensburg besuchen, die ist neu. Sie scheinen es sich gemütlich zu machen. Was kommt als nächstes? Haie…
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Grüne Linie
Wer es bis hierhin geschafft hat, hat Oma immer gesagt, den trägt die Kraft des Frühlings, die Kraft der Erneuerung, noch einen weiteren Sommer. Ich denke an die, die wir auf dem Weg zur ostergrünen Markierung verloren haben. Alte, Junge, Schwache und Starke. Die Starken befällt die Dunkelheit des Winters am stillsten. Niemand kann die…
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Stille Sucht
„Ich weiss nicht genau, wann ich damit angefangen habe. Nur an eines kann ich mich genau erinnern: ich mochte es zu Anfang nicht“, sagte er irgendwie beiläufig als ich in die Straße einbog, in der wir beide seit 25 Jahren leben. „Was?“, fragte ich. „Zigaretten oder Bier? — ich mochte lange kein Bier“, sagte ich.…
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Gift
Wann war der Moment, als im Deutschen das Wort für Geschenk zur Beschreibung lebensbedrohlicher Substanz wurde? Beide kommen von Außen. Da ist jemand, etwas, das es uns verab- oder hinreicht. „The gift“, oder auch „de Gift“ im Plattdeutschen, das Hingegebene, wurde im Deutschen zum Gift. Das Verabreichte — das tödliche Grausen. Manchmal von anderen, den…
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Krähengedanken
Warum Krähen lieber hüpfen statt zu fliegen?, hatte ihn schon immer gewundert. Manchmal hatte er das Gefühl sie taxierten ihn – von der Seite mit einem Auge. Dann hüpfen sie einen halben Auerbach und gucken mit dem anderen Auge. Und diese Tiere sollen sehr intelligent sein?, weit bringt sie das ja nicht. Später dachte er…
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Genderst du schon?
„Wie haltet ihr das eigentlich mit dem Gendern?“, fragte eine Freundin der Familie neulich, ü80 und neuerdings Newsletterabonnentin der 500Zeichen . Es nervt sie im Alltag ein wenig, was ich verstehen kann. Allerdings, und das besprachen wir auch, gewöhnt man sich schnell daran. Ein paar Glottisschläge später, merkt man die kurze Respektpause garnicht mehr. Alternativ…
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Gölj
Es war früh. Das Watt und der Himmel gingen ohne Horizont ineinander über. Von dunklem in helles Grau. Noch war niemand unterwegs, er hatte die Stille vor Sonnenaufgang für sich allein, als sein Stiefel im Schlick stecken blieb. So sehr er sich anstrengte, er bekam ihn nicht frei. Hinter ihm legte etwas seine warme Hand…
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Henry in Berlin
Henry Müller könnte ein amerikanischer Mittzwanziger sein, der aus Paris kommend auf seiner Europatour 1998 das Nachwende-Berlin entdeckt und sein schillernd-schäbiges Nachtleben: „Der KitKat Club war mehr als nur ein Ort des Vergnügens – er war ein Spiegelbild der menschlichen Natur, ein Ort, an dem die Dunkelheit und das Licht, die Lust und der Schmerz…
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„I’m not even supposed to be here today“
Alles was an den 90ern besonders war, kann man im Indiefilm „Clerks“ von 1995 bewundern. Die Trostlosigkeit der Vororte in den USA aus denen Grunge entstand. Die Überforderung, zwischen Jugend und Erwachsensein eingezwängt zu sein – die sich über die schnellen Dialoge über Oralsex und Kultur auf den Zuschauer überträgt. Münztelefone, keine Handys. Die nie…
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Was bleibt
Habt ihr euch schonmal gefragt, was von euch, von eurem Wirken in Erinnerung bleibt? Einen kleinen Vorgeschmack kann man bekommen, wenn man alte Kollegen aus dem alten Job wiedersieht. In meinem Fall blieb dort ein wenig schmeichelhafter Spitzname für einen Kunden. Obwohl mich dort kaum noch einer kennt, hält sich der hartnäckig. Ein wenig traurig…
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Random-Glück
Spontan freundlichsein, Fremden gegenüber, macht nachweislich glücklicher. Immer mal wieder praktiziere ich „RAKs“, wie das in der Soziologie heisst: „Random Act(s) of Kindness“. Manchmal werfe ich Kleingeld hinter mich oder lege es auf Stufen. Ich stelle mir dann vor, wie sich jemand freut beim Finden. Heute war ich Empfänger einer solchen spontan-freundlichen Aktion. Ich hatte…
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Day of the Dude
In Neuseeland wird man nicht schief angeschaut, wenn man als Religion „Jedi“ angibt, Jediism ist dort als Kirche anerkannt. George Lucas also der erste Mensch, der Blockbuster- und Religionsstifter ist. Was das über unsere Popkultur-zentrierte Welt sagt, überlasse ich deinem Urteil. Ich habe mich heute zu entspannen und soll schwierigen Gedanken aus dem Weg gehen,…
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Mondaufgang
Vom goldenen Schein seiner großen Gefährtin beschienen, quält sich der Mond heute aus dem Bett der Nacht. Selten haben die ungleichen Liebenden viel Zeit zusammen. Es ist eine Stunde vor Sonnenaufgang, als sie sich trennen. Er muss heute eher hoch, rein in den klammen Rest der Nacht; darf auf keinen Fall mit ihr zusammen gesehen…
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Stillleben
Als er nach einer Woche Urlaub wieder nach Hause kam, war alles so, wie er es verlassen hatte. Die Kaffetasse stand noch da, wo er sie hatte auf dem Tisch stehen lassen; nur war der letzte Tropfen inzwischen zur Kruste getrocknet. Die Tulpen hatten noch eine Weile weiter gelebt, bevor sie sich ihrem Schicksal ergaben.…
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Sundown—Gedanken
Eine große orange Sonne geht heute über dem Kap unter. Die Lebensspenderin schickt letzte Strahlen in mein Gesicht. Sonnenwinde verbinden sich mit den Südwinden, die auf Sylt heute Nacht Orkanstärke erreichen. Zusammen genommen, spüre ich die zusätzliche Energie beinahe und denke einen komischen Gedanken: nicht weit südlich sehen sie dieselbe Sonne und steigen kurz nach…
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Pao Pao
Was ich ganz cool finde, in dieser Strandbar an der Platja de Palma auf Mallorca werden keine Promis verewigt, wie bspw im Danmark Hotdog auf der Reeperbahn — Otto malt Otti-Fanten. Hier sinds stinknormale Touris aus inzwischen mehreren Jahrzehnten. Kurze Momente der Sangria-seeligen Auszeit vom Kohl-Deutschland der 90er bis zu modernen Undercuts mit S04-Bierbauch. Echte…
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Die werden mit Kopf gegessen
In meiner Lieblingstaverne auf St. Pauli (der Taverna Plaka, frdl. Empfehlung) streitet man gerne. Über Politik, Essen und das Leben an sich — in der jahrtausendealten Gewissheit, dass das ein und dasselbe ist. Als der Hamburger Sommer seine letzten großen Tage hatte stritten sich zwei Ober darüber, bei welchen Sardellen man den Kopf mitessen sollte. Die…
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Frühling auf Mallorca
Es ist Frühling an der Platja de Palma. Mit 2 Windstärken huscht eine laue Brise über den mit braunen Filzknödeln übersäten Strand. Einheimische erkennt man daran, dass sie Wollmütze und Daunenmantel tragen. Touristen, dass ihnen 15 Grad und Sonne warm genug sind für Shorts und Flip-Flops. Ich sitze bei einem Caffè Cortado in einer der…
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Das Feuer von Formentor
Erst wenn die Sonne hinter der langen Landzunge untergeht, wird es sichtbar: das alte Leuchtfeuer von Formentor. Sie ist noch keine Minute fort, da erhascht das geübte Auge seinen warnenden Blitz. Jeder Leuchtturm hat seine eigene Frequenz, manche fast einen Beat. Das Feuer von Formentor hat keinen grünen oder roten Korridor, keine Kadenz. Es zeigt sich…
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Selbstglaubwürdigkeit
Mein Kumpel O. ist nicht nur n „feiner Kerdl“, wie mein Opa das ausgedrückt hätte, er trägt auch noch eine große Verantwortung. Für einen mittelmäßigen Konzern, der sich im Haifischbecken von Finanzinteressen, Medien und renitenten Eigentümern behaupten muss. Er gibt dann und wann Interviews in denen er dann Sätze erfindet, die so nur er sagen…
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Patrone des Frühlings
Geduldig wartet die Patrone des Frühlings auf ihren Einsatz. Seit Monaten schon auf den Ästen munitioniert, ragt sie in den Winterhimmel über den die grauen Boten des Vorfühlings rasen. „Ist es nicht schon soweit?“, scheinen sie zu fragen. Wenn man genau hinschaut, zittern und wackeln manche von ihnen vor Vorfreude. „Der Februar muss weg“, sagt…
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A long way
In einer Lieblingsserie —“Life on Mars“ (BBC) — wird der Protagonist Sam ins England der 70er Jahre katapultiert. Dort struggelt er vor allem mit der rüden und gewaltvollen Art des Polizeichiefs. In einer Szene platzt Sam der Kragen: er brüllt seinen Ärger über das Gesaufe, den Sex- und Rassismus, die Missachtung aller Regeln dem Chief…
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Ich hab Hauntologie
Achim Reichel wird Tik-Tok Star in Korea. Tracy Chapman steigt mit ihrem 36 Jahre alten Album auf der Nummer 1 in die Itunes Charts ein. Aufguss, Renaissance?, was ist das? Popkultur wiederholt sich selbst, ohne wirklich Neues in den Pool zu kippen. Der wird langsam moosig. Dieses Gefühl gibts auch in wissenschaftlich: „Hauntologie“ heißt die…
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Stevies Festplatte
Tracy Chapman wirkte auf der Grammy-Gala zwischen den ganzen jungen Künstlerinnen wie eine Weise aus einer anderen Welt – Überbleibsel aus einer Zeit, in der große Konzerte die Popwelt bevölkerten. Wir hörten als ganze Familie das „Mandela“ Konzert aus Wembley im NDR (über die Stereoanlage) und schauten TV nebenbei. Chapman war uns völlig unbekannt als…
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Ölmann und die Poesie
„Ölmann ist ehemals – das erfuhr ich – ein ganz konservativer Kunstmann gewesen. Nach Goethe hatten noch ein paar halbwegs begabte Reimschmiede gelebt, und seit 1870 ungefähr war es mit der Dichtkunst aus, ganz aus, überhaupt aus. Es würden auch keine Dichter wiederkommen. Einen Goethe oder Shakespeare hatte die Natur nun schon gar nicht mehr…
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Ottos Villa
Kennt ihr die Szene im Weihnachtsklassiker „Ist das Leben nicht schön“, wo Protagonist George Bailey beim örtlichen Købmand immer das Feuerzeug-Orakel nach einer Million Dollar befragt? Mir geht das in letzter Zeit so, wenn ich an der alten Villa von Otto Ernst in Othmarschen vorbeigehe. „Wenn ich mal Millionär bin, kaufe ich dieses Haus“; und…
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Für jeden beginnt der Frühling irgendwann
In meiner Familie haben wir ein festes Datum für den Frühlingsbeginn. Bei uns fängt der Frühling am 18. März an, dem Geburtstag meiner Schwiegermutter. Bei der kurzen Recherche zu ihrer Geburtstagskarte fiel mir auf, dass es DEN Frühlingsanfang gar nicht gibt. Es kommt ganz darauf an, an wen oder was man glaubt (oder die vor…
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Frühling in Sagres
Leise startet der Frühling,kommt aus Sagres angeflogen. Mit 40 Kilometern am Tag. Allein gegen die Zeit.Entflieht Zeitzonen in Australien.Vorwärts nach Europa, nach Portugal.Von dort aus nach Altona. Gefühle, Gedanken, Gedichte, Poesie,Blätterteig und Außengastronomie. Langen, warmen Sonnenschein mag jedes Kind.Erinnert er uns doch daran, dass wir noch lebendig sind. Ich genieße den Vorfrühling in Hamburg mit…
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HSV-Stau
Am Samstag fuhr ich auf der A7 nach Norden, als kurz hinter Bahrenfeld der Verkehr stockte, auf der rechten Seite stands ganz still. Die Kennzeichen waren mannigfaltig: WL, ROW, H, alle von südlich der Elbe. Vor der Ausfahrt ‚Volkspark‚ staute sich der Abbiegeverkehr; BMWs aus Winsen drängelten, Harburger SUVs hupten. Chaos. Kleiner Tipp aus St.…
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Herum
Anna gehörte zu der Art Menschen, die immer um etwas herumgehen müssen, bevor sie umdrehen. Beim Spazierengehen war das ein Baum oder ein Wartehäuschen. Es gefiel ihr, wenn zumindest symbolisch der eine Weg ein Ende fand – sie ein Ziel ereichte, bevor der Rückweg begann. Einfach nur umzudrehen war ihr zuwider. Sonntag hatte sie ihren…
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Omas Rezept für Blankeneser Grünkohl
Beim Essen und der Politik hört ja bekanntlich der Spaß auf. Bei meiner Oma in dem kleinen Fischerdorf bei HH, aus dem wir stammen, hört der Spaß beim #Grünkohl auf. Ihr #Rezept hat Zutaten und Auf-gar-keinen-Fall-Zutaten, quasi „Wegtaten“: Alles mindestens 8 Stunden köcheln lassen; am besten 2 Tage.#500zeichen
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Überall Antifa
Dass Politik auch Spaß machen kann, sieht man überall im Netz gerade. Rennradfahrer, Autisten, Bäckergesellen, Weinbauern, entlegene Regionen genauso wie Gamer und IT-Consultants, alle basteln ihre eigenen Antifa-Sticker. Das ist lustig. Und zeigt: das Sichwehren gegen Rechts ist überall, Antifa eher eine lose Verabredung als Organisation. Zu welcher Antifagruppe gehörst Du?, überleg mal. Ich muss…
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Widerständiges Rosenkohl-Pesto
Ich stehe gestern bei meinem Gemüsehöker kurz unentschlossen herum, da fragt er mich: „Hast Du schon unser Grünkohlpesto probiert?“ Ich staune, und sehe auch so aus. „Man kann aus allem Möglichen Pesto machen — und wer einmal damit anfängt, kauft nie wieder eins im Supermarkt“. Ich habe heute mein erstes Rosenkohl-Pesto gemacht (Grünkohl war aus).…
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Auf die Straße
Meine Mutter hat vor zehn Jahren schon gesagt, dass ihre ganze Hoffnung auf der Generation ihrer Enkelinnen liegt. Nur müssten die auf die Straße statt in Apps vergifteter Schönheit nachzujagen. Gestern habe ich mit meiner Tochter telefoniert, wir haben uns verabredet zu demonstrieren. So richtig echt auf der Straße, mit ihren Mitschülern. Hamburg nutzt heute…
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Nach Hause laufen
Ich bin heute von der Arbeit nach Hause gelaufen. Das war schön und anstrengend zugleich. Glitschig, eisig, Schneeregen, der mir ins Gesicht bläst. Mein Bruder brachte mich auf die Idee einen Kopfhörer mitzunehmen. War mir vorher nicht eingefallen. Und wie das so ist mit Dingen, die man ausprobiert, man fragt sich „warum hab ich das…
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Autogramm
Eben bei Tengelmann in München-Moosach, einem kleinen Supermarkt mit Brezelbäckerei, wie man sie oft in Bayern findet. Ich lege meinen kleinen Einkauf auf das frisch gewienerte Förderband und bezahle mit EC-Karte. Als die Kassiererin routiniert in einer fließenden Bewegung den Bon und den EC-Beleg aus dem kleinen Drucker zieht, sagt sie ebenso routiniert: „Hier bitte…
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Tulpenleben
Tulpen wachsen auch nach dem Abschnitt weiter. Gemeinsam stehen sie in einer Vase und recken sich zum Licht. Wenn man sie fragte, sie würden sicher sagen, sie wären am Leben. Und vielleicht wetteifern sie ja miteinander, wer die höchste wird, die schönste, schillerndste. Und am Ende neigen sich ihre Köpfe nach unten, öffnen sich ihre…
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Morgensegeln
6:00 Uhr: Leinen los Lyø. Kaum Wind. Das Schiff schlupt leise mit drei Seemeilen/h durch die dänische Sydsee und ich denke mir: so ein Morgen hat was. Wenige andere Yachten sind so früh unterwegs – der Dunst der Nacht liegt noch näckig über dem nahen Land. Ein paar Kühe stehen schräg an einem Abhang neben…
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Besorgter Bio-Bauer
Gestern habe ich Gunnar im Fernsehen gesehen. Er ist Biobauer und fährt mit seinem schnittigen Wagen immer auf dem Ottenser Biomarkt vor. Oft übernachtet er dann bei unseren Nachbarn, den Malern. Gunnar ist nett — und besorgt, über die „besorgten Bauern“. So eine Stimmung im Landvolk kenne er nicht. Habe prompt von meiner ersten Kuhmilch…
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In schā’a llāh
Bereite alles,So gut wie Dir möglich,Dann mach Dich auf den Weg. Und ob Du dann dort ankommst, wo Du hinwolltest? In schā’a llāh. Dies ist das Ende eines bemerkenswerten Dialoges, den ich im März vor ein paar Jahren in Ägypten führte. Ich hatte einen einheimischen Busfahrer gefragt, wie lange es von hier bis zu den…
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Wellness ist Rebellion
Eine gute Freundin hat einmal einen Satz gesagt; einen von denen, die dir zunächst unsinnig vorkommen, im Laufe des Lebens aber von Ereignissen und Erlebtem mit Sinn aufgeladen werden. „Wellness ist Rebellion“ — schrieb Noah vor ein paar Jahren in ihren Blog. Ich glaube inzwischen, das stimmt. Vor allem die ohne sündhaft teure Hotels am…
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Silvester Elfchen
Silvester Letzte Stunde Warten wird lang Wie war sie nochmal?, wie fühlte sie sich an?, die Wärme Deiner Worte, die Hitze der Sonne, das Streichen des milden Sommerwindes, der aus Ost kam und sechs Wochen lang jede Feuchtigkeit aus der Erdkrume und meiner Haut zog. Das Eintauchen ins Meer. Das Duschen am Steg. Diese herrliche…
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Knutschen statt Böllern
Ich erinnere gar nicht mehr, wann ich zu Silvester meinen letzten Schinken D-Böller gekauft habe. Hatte keine Lust mehr, rumzuböllern. Wollte lieber tanzen und Sekt trinken. Ich weiß noch: irgendwann wollte ich mal wieder das „Feeling“ von früher… und war ent angeödet vom Knallen. Hab den Rest verschenkt — und bin zurück zu den coolen…
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Ayatollah
Ich hatte mal einen Lehrer, der war aus der dunklen Zeit übrig geblieben. Vorsitzender des Vereins zur Erhaltung der Deutschen Sprache und Träger eines mächtigen weißen Bartes, der zu seinem Spitznamen führte: Ayatollah. In seinem durchaus erkennbaren Bemühen, uns Sprache und Weltgeographie beizubringen, regte er sich oft über die Verkürzungswut der Engländer und all ihrer…
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Kurze Vornamen
Ist euch schonmal aufgefallen, dass einige Namen ohne den Vornamen komisch klingen. Mister King klingt doch irgendwie anders als Stephen King, oder? Die Kraft von Vornamen sollte man kennen, bevor man eigene Kinder bekommt. Denn jeder hat einen und jeder bedeutet etwas, insbesondere für denjenigen, der ihn hört. Ich mag kurze Vornamen. Habe aber auch…
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Ein Amerikaner am Millerntor
Eine Nacht auf St. Pauli Es war eine kalte Nacht in St. Pauli, der Wind trug den Duft von Zigarettenrauch und Freiheit mit sich. Der Millerntorplatz erwachte zum Leben, als der Amerikaner seinen Weg durch die schummrigen Straßen bahnte. Seine Augen spiegelten die Spuren einer durchzechten Nacht wider, aber die Neugier, die seinen Blick begleitete,…
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500 Zeichen als Ballade
Zwischen den Jahren probiere ich immer viel aus. Krempel um in meinem digitalen Wohnzimmer, ändere Formate oder ganze Domains. Für 2024 will ich das Format der „500 Zeichen am Morgen“ gerne weiterführen. Und ergänzen: um Merkmale der Lyrik. Von Balladen nehme ich das singhafte, vom Haiku den Blick auf die Natur der Dinge. Orientieren will…
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Heiligabendmorgen
Es gibt keinen magischeren Morgen als den an Heiligabend. Die Hektik liegt noch faul auf der Lauer; macht Platz einem schweifenden Blick, über die Welt wie sie im letzten Jahr war. Denken wird hier überschätzt, weswegen wir lieber fühlen. Eine Verbundenheit mit den Anderen, Genossinnen im Eben — eben dieser Zeit und diesem Raum. Die…
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Mopo und Konstanze
„Konstanz ist eine hübsche Stadt am Bodensee, … Konstanz ist aber auch etwas, was sich jeder Trainer … wünscht“ — Artikeleröffnungen sind eine heikle Sache. Versemmelt man schon den Anfang, verteilen viele Leser schnell „Prügel“ (Bayern), und das macht „Aua“ (Westfalen). Was die Mopo hier geritten hat? Vielleicht der Gedanke an ein „Sargleben“. Ist nicht…
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Cloaking device
Wenn zwei dasselbe anschauen, sehen sie nicht das Gleiche. Und das kann mensch sich zunutze machen. Lese heute morgen wie #KI im Dienste der #Kunst, andere KI verwirrt. Um die Kunst zu schützen vor allzu billiger Imitation. Lernmodellmimikri. Mensch hat Angst. Muss an einen Witz denken, der gar nicht witzig ist, und eben deswegen einer:…